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Männer, Gesundheit, Longevity

«Man kann mit Hormonen viel bewirken»

Fit und gesund bis ins Alter: Welche Rolle spielen dabei die Hormone? Das erklärt Dr. Peter Dietz, einer der raren Experten auf diesem Gebiet.

Dirk Ruschmann

Dirk Ruschmann

Um fit, schön und gesund zu altern, gehen auch sie mutmasslich zum Doc: Arnold Schwarzenegger, Jason Statham, Ryan Gosling, Bradley Cooper und Kevin Costner (v.l.). Mittig wartet Peter Dietz auf seinen nächsten Patienten.

Um fit, schön und gesund zu altern, gehen auch sie mutmasslich zum Doc: Arnold Schwarzenegger, Jason Statham, Ryan Gosling, Bradley Cooper und Kevin Costner (v.l.). Mittig wartet Peter Dietz auf seinen nächsten Patienten.

Matthias Schardt / Kombinatrotweiss für BONANZA

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Männer und Gesundheit. Wie steht es um diese Beziehung, Herr Dietz? 

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Dr. Peter Dietz: Männer und Gesundheit ist sicher ein schwieriges Verhältnis, weil Männer meist nicht so regelmässig zum Arzt gehen wie Frauen. Frauen sind das ja gewohnt durch die Krebsvorsorge, die ihnen schon als Jugendliche nahegelegt wird. Aber ab einem gewissen Alter, 45 bis 50, sollten auch Männer ein bisschen auf ihre Gesundheit achten. 

Da sind Männer nachlässig? 

Sehr. Weil sie sich in diesem Machismus, den sie oftmals immer noch praktizieren, nicht eingestehen wollen, dass auch sie altern, Defizite und Gesundheitsrisiken entwickeln. Ich höre häufig, dass die Frauen ihre Männer zum Arzt schieben müssen – weil er sich beispielsweise über Herzbeschwerden beklagt hat. 

Männer verdrängen also solche Symptome? 

Genau; daher kommen jene Fälle, wo Männer mit 55 mitten im Joggen plötzlich mit Herzanfall umfallen und tot sind. Wenn sie mal Symptome haben, nehmen sie lieber ein Medikament, als zum Arzt zu gehen, und sind eher bereit, darüber wegzugehen. Das ist halt nicht immer klug. 

Wird das bei jüngeren Männern anders? 

Es wird allmählich etwas besser. Auch dank der Presse, die neue Trendthemen wie Longevity oder Anti-Aging forciert. Männer sind heute etwas sensibler, introspektiver: Man darf auch mal krank sein und Veränderungen nachgehen. 

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Dr. Peter Dietz stammt aus Saarbrücken und hat an der dortigen Universität mit der Auszeichnung «magna cum laude» seinen Doktor gemacht. Er ist Facharzt für Gynäkologie und Geburtshilfe, hat zahlreiche Weiterbildungen im Bereich der ästhetischen Medizin absolviert und ist als einer von ganz wenigen Ärzten spezialisiert auf Hormontherapien. Seine Praxis ist in Zürich beim Römerhof. Alles Weitere: dr-dietz.ch.

Was gehört dazu, um vorbeugend gesund zu bleiben? Ernährung, Sport, Stressvermeidung? 

Zunächst eine bewusste Lebensführung. Wir haben alle Stress heute: im Beruf, in der Beziehung, im persönlichen Umfeld … Vielleicht manchmal mehr als früher, wo vieles durch gesellschaftliche Normen eher geregelt war. Man sollte versuchen, Stress zu vermeiden, oder lernen, damit umzugehen, ihn zu verarbeiten. Stress macht ja auch krank. Dann: Ausdauersport, aber auch etwas Krafttraining – in dieser Kombination. Und schliesslich eine gesunde Ernährung – dass man versucht, sich «klug», also gemischt, zu ernähren, so in Richtung mediterraner Stil, und dass man auch genug trinkt. 

Wasser, vermutlich?

Klar, primär Wasser, nicht zu viel Kaffee, Alkohol, nicht zu viel rauchen. Meine Philosophie ist schon, dass man etwas Alkohol trinken kann, auch ein bisschen rauchen, aber alles, was man zu viel macht, wird der Körper irgendwann quittieren. Mutmasslich mache ich mir da selbst etwas vor; rein wissenschaftlich müsste ich sagen: keinen Alkohol, keinen Tabak und so weiter, aber ein bisschen Lebensfreude gehört schliesslich auch zu einem erfüllten Leben. Ich denke, unser Körper hat schon ein hohes Kompensationspotenzial. Man kann mal über die Stränge schlagen, aber wenn es dauerhaft stattfindet, wird es irgendwann Konsequenzen haben. 

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Zusammengefasst? 

Versuchen, wenig oder besser nicht zu rauchen, wenig Alkohol zu trinken, sich vernünftig zu ernähren, an die frische Luft zu gehen, sich zu bewegen. Beim Sport beides machen, Ausdauer- und auch ein bisschen Kraftsport, weil ab etwa 50 die Muskulatur merkbar zurückgeht; bei Männern wie bei Frauen. Man muss versuchen, im Älterwerden die Muskulatur zu erhalten, Joggen oder Fahrradfahren alleine reichen nicht. Damit erhält man den Basis-Energieverbrauch des Körpers und nimmt weniger leicht zu.

Und dann das Medizinische. 

Auch Männer sollten unbedingt zur Vorsorge gehen. Spätestens ab 50 mal zum Urologen und die Prostata prüfen lassen. Leider wird jeder achte Mann im Laufe seines Lebens ein Prostatakarzinom kriegen. 

Jeder achte? 

Ja, jede zehnte Frau erkrankt an Brustkrebs, jeder achte Mann am Prostatakarzinom. Also: wachsam sein! Dann ab 50, 55 zum Kardiologen gehen, ein Belastungs-EKG machen, vielleicht Echo vom Herzen und ein Blutbild. Auch Darmspiegelung nicht vergessen. So hat man die Hauptrisiken im Auge.

Er macht die Männer schöner und sieht auch selber gut aus: der Inhaber der Gentlemen’s Clinic im Zürcher Seefeld, Giuliano Lenz.

«Es geht um das Selbstwertgefühl»

Schönheitseingriffe sind nicht nur bei Frauen beliebt. Der Inhaber der Gentlemen’s Clinic gibt einen Einblick in die Verschönerung von Männern.

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Zur Longevity. Was ist das Ziel: sehr alt – oder gesund alt werden?

Das geht ineinander über. Unsere Generation hat ja das Glück, ziemlich alt werden zu können. Vor wenigen hundert Jahren lag die Lebenserwartung bei 40 oder 45. Wer heute auf die Welt kommt, wird als Frau im Schnitt 86, als Mann 84 Jahre alt. Und vieles ist natürlich genetisch programmiert: wie gut wir altern und wie alt wir letztlich werden. Natürlich setzen irgendwann degenerative und Verschleisserscheinungen ein, körperlich wie geistig. Aber einen Teil kann man eben selbst dazu tun, diese zu bremsen. Entscheidend ist meiner Ansicht nach heute, dass wir relativ gesund alt werden, eine gute Lebensqualität bewahren und keine ernsten Erkrankungen erleiden müssen. Das verstehe ich unter Longevity.

Also spielt teils Genetik eine Rolle, teils der Lebensstil. 

Das ist schon so. Man sollte sich kümmern um Lifestyle, Ernährung, mentale Balance, um Vorsorge, Hormone, Spurenelemente, Aminosäuren, Infusionen, Vitamine, solche Dinge. Hier können wir selbst aktiv eingreifen. Und es gibt immer mehr Studien, die belegen, dass es etwas bringt.

Sie sprechen Hormone an, und Sie kommen ja aus der Gynäkologie. Was kann die Frauenheilkunde für Männergesundheit leisten? 

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Richtig, ich bin von Haus aus Gynäkologe, hatte aber in Deutschland auch eine gewisse endokrinologische Ausbildung. Gynäkologen kümmern sich routinemässig um Hormone, die Ärzte für die Männer tun das eigentlich kaum. Bei «Männerärzten» gibt es im Prinzip zwei Gruppen: Ein Internist oder Kardiologe macht eine Darmspiegelung, schaut sich das Herz an, und die Urologen schauen nach Nieren, Prostata, Penis und den Hoden. 

Aber auch die befassen sich in der Regel nicht mit Hormonen.

Selbst spezialisierte Endokrinologen, die Diabetes, Schilddrüsenstörungen oder andere schwere Erkrankungen behandeln, blicken nicht auf Hormone im Sinne von Anti-Aging-Medizin. Das heisst, die Männer stehen da ein bisschen im Wald. Deshalb haben manche Gynäkologen, wie ich, gesagt, das ist einer meiner Schwerpunkte, ich kenne mich ja mit Hormonen einigermassen aus, warum soll ich nicht auch Männer betreuen? Tatsächlich kommen immer mehr Männer zu mir. 

Der Gynäkologe als Männerarzt. Haben Mediziner das Hormon ignoriert, weil es nicht so lukrativ ist wie Apparatemedizin? 

Das ist das Kernproblem. Für Gespräche kriegen wir kaum Geld, an den Hormonanalysen verdient das Labor – nicht wir. Deshalb möchten sich vielleicht viele Kollegen mit Hormonen nicht tiefgehend befassen. Wer operiert, verdient 20-mal mehr. Und nicht alle Ärzte wollen sich tief reinziehen lassen, wenn Frauen und Männer ihre Probleme schildern, in Ruhe zuhören und sich einfühlen. Ich selber mache das offenbar recht gerne. Aber wie gesagt, es ist nicht allzu lukrativ. 

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Die Potenz lässt nach, die Libido lässt nach. Das sind typische Symptome.

Dr. Peter Dietz weiss: «Die Potenz lässt nach, die Libido lässt nach. Das sind typische Symptome.»

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Die Potenz lässt nach, die Libido lässt nach. Das sind typische Symptome.

Dr. Peter Dietz weiss: «Die Potenz lässt nach, die Libido lässt nach. Das sind typische Symptome.»

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Sind also die Menopause von Frauen und die Andropause von Männern vergleichbar? 

Im Grunde schon. Beides bezeichnet die Veränderungen in einer gewissen Lebensphase, speziell ausgelöst durch die hormonellen Umstellungen. Bei Frauen lässt das eher rasche Zurückfahren der Hormonproduktion der Eierstöcke oft deutliche Befindlichkeitsstörungen entstehen; bei Männern hören die Hoden nicht ganz so abrupt auf zu arbeiten, aber auch da lässt die Hormonproduktion ab 50 kontinuierlich nach. Auch Männer können dann Veränderungen wahrnehmen.

Was sind die Symptome? Woran erkenne ich, ob ich betroffen bin?

Ich bin nicht mehr so belastbar, fühle mich nicht dynamisch; mein Fell wird dünner, ich kann Stress nicht mehr so gut verarbeiten. Ich schlafe schlechter. Die Potenz lässt nach, die Libido lässt nach. Das sind typische Symptome. 

Das passt nicht zum Bild des ewig fitten, virilen Mannes.

Da wird ja auch viel Blödsinn in den Medien geschrieben und gesendet. Es gibt wenige Männer, die mit unbändiger Power bis zur Rente durcharbeiten oder die mit 70 noch fünfmal am Tag Sex haben. Eher ist es im Regelfall so, das höre ich ja von den Frauen, dass Männer auch sexuell weniger aktiv sind, wie gesagt, weniger Libido haben. Viele sind ganz allgemein nicht mehr so dynamisch, wie sie gern sein mögen. Hier kann man mit Hormonen viel bewirken, das Befinden, die Belastbarkeit, den Schlaf, Potenz und Libido spürbar beeinflussen – alles keine Zauberei. 

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Was passiert, wenn ich zu Ihnen komme? 

Zum einen mache ich natürlich eine vernünftige Anamnese. Dass ich hinterfrage: Was sind die Probleme, wie ist sonst die Lebensqualität, was macht der Mann, um seine Gesundheit zu bewahren? Ab 50 empfehle ich sicher auch, einmal den Kardiologen und den Urologen aufzusuchen. Wir machen dann im Regelfall eine Laboranalyse, um die Organfunktionen zu prüfen, also Niere, Leber und so weiter.

Also ein differenziertes Blutbild.

Genau: Eisenspiegel im Blut, Entzündungen ausschliessen, Hormonpegel. Ist messtechnisch ein Mangel sichtbar? Bei Defiziten macht es oft Sinn, das zu ergänzen. Und wenn der Mann laborchemisch einen deutlich zu niedrigen Level aufweist, ist es ja eine Therapie. Aber sogar wenn die Werte im Normbereich sind, können Männer profitieren, wenn man sie anhebt. Ziel ist bei der Therapie, in Richtung des oberen Normbereichs zu kommen. Etwa beim freien Testosteron im Blut – die Männer fühlen sich dann besser, schlafen besser, haben mehr Energie, fühlen sich powerful, sind ausgeglichener, auch belastbarer. 

Ich nehme an, das trifft praktisch für jeden ab 50 zu? 

Jein. Manche nehmen das deutlicher wahr als andere – oft abhängig von der Zufriedenheit im Beruf und in der Partnerschaft und so weiter. Einige sagen, okay, das gehört zum Älterwerden dazu, fügen sich da hinein. Nicht jeder Mann muss ja Hormone nehmen – wie auch nicht jede Frau! Wenn aber ein Leidensdruck entsteht, ein Mann sagt: Ich schlafe nicht mehr gut, habe auch keine Lust mehr auf Sex, oder im Büro fühle ich mich belastet, und wenn mein Chef reinkommt ist es noch schlimmer, dann sind ja Symptome da, dann lohnt vielleicht eine Testphase, um zu schauen, wie viel besser es mir mit einer Medikation gehen könnte.

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Gehen wir es einzeln durch. Was kann man alles machen?

Es sind im Prinzip drei Dinge.

Erstens. 

Spurenelemente ergänzen. Sagen wir, Niere, Leber, Blutfette sind gut, die Organe arbeiten normal. Dennoch kann man sehr profitieren von einigen Nahrungsergänzungsmitteln. Ein kleines Potpourri von Spurenelementen wie Zink, Selen, Magnesium, Mangan, ein paar Vitamine wie Vitamin C, Vitamin B, Vitamin D oder zum Beispiel NAD+ – das kann helfen, dass die Mitochondrien, also die Energiekraftwerke der Zelle, besser arbeiten, Stoffwechselfunktionen stabiler laufen, das Immunsystem auf der Höhe bleibt … Letztlich mutmasst man, dass diese Substanzen mit dafür sorgen, dass die Chromosomen nicht so schnell verschleissen, dass sich die Zellen vielleicht ein bisschen öfter teilen können, als es ohne Supplemente der Fall wäre. Das ist «gelebtes Anti-Aging oder Longevity». 

Nächster Punkt?

Die sogenannten essenziellen Aminosäuren. Der Unterschied in der Versorgung ist: Spurenelemente kann man gut in Kapselform nehmen, ich nehme auch selbst zwei Kapseln pro Tag, das reicht. Aminosäuren werden grundsätzlich mit der Nahrung aufgenommen, aber da wir die im Darm aktiv resorbieren müssen und dieser Mechanismus genetisch bedingt nicht bei jedem Menschen optimal ist, kann auch da ein Defizit an diesen Aminosäuren entstehen, durch falsche Ernährung oder weil sie eben nicht gut resorbiert werden. Wenn sich jemand häufig krank fühlt oder abgeschlagen, kraftlos, nicht mehr richtig konzentrieren kann, dann können wir diese Aminosäuren durch eine Infusion ins Blut reingeben, unter Umgehung dieses Resorptionsproblems. Dann sind sie «drin» – und damit kann ich die Speicher des Körpers füllen, Vitamine und Spurenelemente sind dann gleich dabei. So kann sich der Körper daraus bedienen: für seinen Stoffwechsel, das Immunsystem, das neurologische System und so weiter. 

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Und der dritte Bereich? 

Das sind eben die Hormone. Die haben einen Benefit – das kann ich aus meiner eigenen Erfahrung sagen, meine Frau und ich nehmen natürlich auch Hormone, meine Mutter ebenfalls bis in ihr achtzigstes Lebensjahr, dann aber auch aus den empirischen Erfahrungen in unserer Praxis, und es gibt auch Studien dazu, die das zeigen. Man schläft besser, wenn man Progesteron nimmt, es kann Muskel- und Gelenkbeschwerden reduzieren; und auch Männer brauchen manchmal ein bisschen Östrogen, das schützt etwa vor Osteoporose, ist wichtig für Haut und Haare. 

Das sind ja primär weibliche Hormone.

Ja, aber auch die können Männern in ihren Teilwirkungen helfen, natürlich viel niedriger dosiert als bei Frauen. Klar, im Vordergrund steht natürlich bei Männern das Testosteron, das eigentliche männliche Hormon. Wenn man das supplementiert, ist in der Regel die Psyche ausgeglichener, die Belastbarkeit grösser, der Schlaf besser, potenziell auch die Libido und die sexuelle Leistungsfähigkeit. 

Potenziell … das passt. Noch was?

Es gibt weitere Substanzen, etwa Vorstufenhormone wie Pregnenolon, 5-HTP oder DHEA. Wenn jemand depressive Verstimmungen wahrnimmt oder schlechter schläft, kann durch Gabe von 5-HTP im Gehirn die Produktion von Melatonin und Serotonin gesteigert werden und damit eine Verbesserung entstehen. DHEA wirkt auch entzündungshemmend, kann also auch degenerativ-entzündliche Prozesse bremsen, und ist ein Vorstufenhormon der männlichen Hormone. 

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Und die berühmten blauen Pillen?

Für die sexuelle Leistungsfähigkeit gibt es die lange bekannten Produkte wie Cialis, Viagra, Levitra und so weiter. Da muss man ehrlich sein, viele Männer bemerken im Älterwerden eine nachlassende Potenz, weil die Durchblutung der Schwellkörper im Penis schlechter wird. Das beeinträchtigt oft die Härte der Erektion und ihre Dauer, und durch den Hormonmangel im Gehirn lässt die Libido nach. Hier sind die genannten Medikamente sehr hilfreich, da sie durch eine passagere Venenerweiterung die Durchblutung im Genitalbereich verbessern. Vorher muss man aber unbedingt checken, ob jemand konkrete Herzprobleme oder dramatischen Bluthochdruck hat, da sollte man aufpassen. Aber ansonsten helfen diese Präparate schon sehr betreffend das Intimleben, die Partnerschaft. 

«Warte kurz, Liebling, ich nehme schnell eine Pille?»

Na ja, nicht ganz … Diese Tabletten evozieren ja nicht sofort Sex oder Libido, sondern die wirken eine gewisse Zeit lang, sodass, wenn es zu einer entsprechenden Stimmung kommt und die Partnerin da ist, der Mann sexuell leistungsfähiger ist. Das macht viel aus. Auch für die Lebensqualität. 

Testosteron kann man nicht in Tabletten einnehmen, richtig?

Das wird, anders als andere Hormone, eher über die Haut aufgenommen. Man kann es entweder per Spritze verabreichen, das wird verwendet, wenn jemand einen definitiv gravierenden Testosteronmangel hat oder bei Bodybuildern, die sich «aufpumpen» wollen. Allerdings ist der Mechanismus hier so ähnlich wie bei der Verhütungspille der Frau: Der Körper merkt, er hat genug Hormone, und dann legt die Hypophyse die Eierstöcke schlafen, und die Frau hat keinen Eisprung mehr. Das heisst: Mit der Spritze steuern wir komplett von aussen den Testosteronlevel in den Bereich, in dem wir ihn haben wollen. Das ist für manche mühsam und eher für die gedacht, die wirklich unter Hormonmangel leiden. 

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Wie funktioniert es über die Haut?

Im Normalfall wird Testosteron als Gel oder Creme aufgetragen. Reibt man einfach morgens nach dem Duschen am Oberschenkel, Bauch oder Oberarm ein. So machen es Frauen auch mit ihrem Östrogengel. Das dient dann als Ergänzung zum Testosteronspiegel des Körpers. Das lässt sich gut steuern und je nach Befinden und Blutbild austarieren. Aber auch dies soll kontrolliert werden, da ja im Körper Testosteron durch die Aromatase zum Teil in Östrogen umgewandelt wird oder bei zu viel Testosteron in der Haut über die 5-a-Reduktase Dihydrotestosteron entsteht – und dann gibt es unreine Haut, Pickel oder Haarausfall.

Sind die Hormontherapien für den Rest des Lebens gedacht? 

Es gibt da keine offiziellen Empfehlungen – aber potenziell ja. Wer eine Ergänzung machen will, kann das tun, solange er möchte. Das heisst aber nicht, dass Sie sie lebenslang nehmen müssen. Schliesslich haben Hormone auch Risiken, wie Erhöhung der Thrombosegefahr und damit à la longue des Herzinfarkt- oder Schlaganfallrisikos. Es braucht schlicht immer wieder einmal eine Laborkontrolle. Und wer sagt: Ich bin in Rente oder meine Ehe ist auseinandergegangen, ich bin aktuell nicht sexuell aktiv und fühle mich sonst gut, kann die Hormone absetzen. Dann fallen Sie in den Status zurück, den Sie von Natur aus haben würden. Sie müssen sich damit ja nicht zwingend schlecht fühlen. 

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Wie oft nimmt man Hormone?

Normalerweise täglich, sie wirken kurzfristig, haben keinen Depot-Effekt. Hormone haben im Schnitt eine Halbwertszeit von etwa drei Tagen. Danach sind 50  Prozent des Wirkstoffs aus dem Körper raus, nach sechs Tagen 75  Prozent, nach neun Tagen 87  Prozent, nach zwölf Tagen alles. 

Bei Testosterongaben gibt es die Befürchtung, dies könne Prostatakrebs befördern. Was ist da dran? 

Es gibt meines Wissens von den Urologen geführte Studien, die bis jetzt für eine normale Therapie, die ein vernünftiges Mass, also die Normbereiche, nicht überschreitet, kein steigendes Risiko für ein Prostatakarzinom erkennen lassen. Es ist trotzdem ein heikles Thema. Die Prostata sollte man als Mann ü50 immer prüfen lassen, mindestens alle zwei Jahre. Zudem gibt es einen Blutwert namens PSA, das saure Prostata-Antigen, ein relativ guter Parameter – wenn das PSA ansteigt, muss man der Sache nachgehen: die Prostata vom Urologen abtasten lassen, Ultraschall, nötigenfalls ein MRI. 

Wie gehen Sie Befürchtungen an?

Eine Hormontherapie birgt auch Risiken, und die werden explizit diskutiert. Bewiesen ist bisher, dass Hormone das Thrombose- und das Embolierisiko erhöhen. Da muss man mit zunehmendem Alter eben vorsichtig sein.

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Sehen Sie, dass jetzt Ihr Fachgebiet an Fahrt gewinnt? 

Oh ja, die Berichte zum Thema nehmen rapide zu – in der Regenbogenpresse, aber auch in seriösen wissenschaftlichen Fachzeitschriften. Wir waren gerade in Tokio und haben bei einem internationalen Kongress einen Vortrag darüber gehalten.

Kleiner Exkurs: Sie bieten auch ästhetische Medizin an.

Das ist mein zweites «Steckenpferd». Denn man kann auch optisch einiges tun. Mit kleinen Massnahmen, um die Hautalterung zu verlangsamen und ein frisches Äusseres zu bewahren. Das funktioniert für Frauen wie für Männer – ein bisschen eitel darf man ja sein?!

Sie sind 63, sehen aber deutlich jünger aus. Wie geht das? 

Na ja, ich versuche die obigen Empfehlungen auch selbst umzusetzen; mich gesund zu ernähren, mache ein wenig Sport, leider nicht genug. Ich nehme Hormone, etwas Testosteron, Östrogen, Progesteron, meine Nahrungsergänzungen, und ich mache mir auch ab und zu eine Infusion mit Aminosäuren. Dazu Darmspiegelung alle acht Jahre, und jedes zweite Jahr zum Urologen.

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