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Wandel

In der Rendite liegt die Kunst

Im Kunstmarkt hat sich eine Generation von Sammlern entwickelt, die eigentlich keine Sammler sind: Es sind Spekulanten auf der Jagd nach Mega-Renditen. Mit Erfolg. Eine neue Anlageklasse ist geboren.

Marc Iseli Handelszeitung

Marc Iseli

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Ein GemĂ€lde des französischen KĂŒnstlers Francis Picabia erzielte im letzten November einen Auktionspreis von knapp 180'000 Dollar. Nur sechs Monate spĂ€ter kam das Portrait einer nachdenklichen Dame im rot-orangen Kleid nochmals unter dem Hammer. Mindestens drei Bieter buhlten um den Zuschlag bei der Christie’s-Auktion im Mai. Das höchste Gebot lag bei 580'000 Dollar.

Damit hat das GemÀlde aus den 1940er-Jahren eine Wertsteigerung von 220 Prozent erreicht, in nur einem halben Jahr. Zum Vergleich: Der SMI hat im gleichen Zeitraum rund 650 Punkte gewonnen. Das sind etwas mehr als 7 Prozent.

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Spekulation mit Millionenwerken

Das Rendite-PhĂ€nomen ist einem neuen Trend geschuldet: Immer mehr HĂ€ndler kaufen Kunstwerke, um sie kurze Zeit spĂ€ter wieder zu verkaufen. UrsprĂŒnglich beschrĂ€nkte sich dieses spekulative Handeln auf junge, aufstrebende KĂŒnstler. KunstintermediĂ€re kauften Werke von noch unbekannten Talenten und hofften auf das grosse Los. Der Mitinhaber der renommierten Galerie Gmurzynska – Mathias Rastorfer – beschreibt es gegenĂŒber der Nachrichtenagentur Bloomberg so: «Du kaufst mehrere potenziell lukrative Werke und eines wird dann ein Erfolg.»

Der Trend weitet sich nun aber auch auf teure GemĂ€lde aus. «FĂŒr einige aus dem Finanzsektor ist es zur Geldanlage geworden», sagt Rastorfer. Kunstwerke im Gegenwert von mehreren Millionen werden gekauft, nur um kurze Zeit darauf wieder verkauft zu werden. Eine Generation von Sammlern hat sich entwickelt, die eigentlich keine Sammler, sondern Spekulanten sind. Eine neue Anlageklasse ist geboren. Rastorfer sagt: «Bestimmte KĂŒnstler und Kunstwerke werden so zu einer Art WĂ€hrung: handelbar und beweglich.»

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Niedrige Zinsen treiben Nachfrage

UnterstĂŒtzung erhĂ€lt der Galeriebesitzer vom New Yorker Marktforschungsinstitut Skate’s. «Das anhaltende Niedrigzinsumfeld hat die Nachfrage nach Kunst in die Höhe treiben lassen. Die KĂ€ufer haben aber eigentlich gar kein Interesse am Sammeln», sagt der GrĂŒnder Sergey Skaterschikov.

Die Zahlen sprechen eine klare Sprache: In den ersten zwei Maiwochen kamen 221 Kunstwerke unter den Hammer, die teurer als 1,5 Millionen Dollar waren. Vor acht Jahren, der letzten BlĂŒtezeit des Kunsthandels, waren es nur deren vier. 63 der 221 Werke wurden bereits frĂŒher einmal an einer Auktion versteigert. Das macht den Mai zur «spekulativsten Auktionssaison aller Zeiten».

Christie's an der Umsatzspitze

Der Handelsumsatz mit teurer Kunst erreichte ebenfalls neue Spitzenwerte: In nur zwei Wochen wurden Kunstwerke fĂŒr 2,4 Milliarden Dollar verkauft. 66 Prozent des Volumens geht zurĂŒck auf das Auktionshaus Christie’s, 31 Prozent auf Sotheby’s.

Als teuerstes GemĂ€lde ging Pablo Picassos Werk «Les femmes d'Alger» in die Annalen ein. Das 1955 erstellte ÖlgemĂ€lde erzielte inklusive KaufprĂ€mie rund 179,4 Millionen Dollar, nachdem der Hammer zuvor bei rund 160 Millionen Dollar gefallen war. Wer das Bild gekauft hat, ist bis heute nicht bekannt. Das Werk gehört aber auch zu jenen GemĂ€lden, die schon mehrfach den Besitzer gewechselt haben. Zuletzt tauchte es 1997 an einer Auktion auf. Damals wurde es fĂŒr 32 Millionen Dollar verkauft. Keine zwanzig Jahre spĂ€ter hat sich der Wert verfĂŒnffacht.

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