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Krisenszenario: Aderlass durch Abwanderung

Was, wenn die Schweizer Einwohnerzahl schrumpft statt wächst? Es würde ungemütlich. Das wären die Stationen der Abwärtsspirale.

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  • Christoph Blochers SVP hat im Abstimmungskampf für eine Begrenzung der Zuwanderung ­Erfolg. Der Bundesrat verhandelt mit der EU über die Personen-freizügigkeitsabkommen, und für Drittstaaten werden die Kontingente eingeschränkt. Die Stimmung kippt zuerst bei den hoch qualifizierten Einwanderungswilligen – sie bemängeln die ­fehlende Willkommenskultur der Schweiz.
     
  • Zudem dreht die Entwicklung des Arbeitsmarkts im wichtigsten ­Herkunftsland, Deutschland, ­rasant. Wie kürzlich in einer ­Umfrage des Hamburger «Manager Magazins» angekündigt worden ist, schaffen dort die DAX-Konzerne bis Ende Jahr 40 000 Arbeitsplätze. Die Fachkräfte werden knapp, die Löhne steigen. Es kommt zu einem Re­krutie­rungs­wettbewerb in den schwächeren EU-Ländern, bei dem die Schweiz wegen einwanderungsfeindlicher Politik zusehends verliert. Die Rückwanderung in die Herkunftsländer steigt deutlich.
     
  • Die Abkehr vom Schwarzgeldgeschäft beschert dem Finanzplatz herbe Verluste und Rückgänge des Geschäfts, die mit einer zeitlichen Verzögerung von zwei Jahren eintreten, nachdem sich die Kunden durch Abkommensfristen zur restlosen Abwicklung ihrer Konten entschieden haben. Bei den Banken gehen Arbeitsplätze nach Asien ­verloren, viele Vermögensverwalter und kleine Banken müssen schlies­sen. Da die Grösse des Geschäfts lange Zeit tabuisiert wurde, ist die Branche nicht in der Lage, schnell Ersatzgeschäfte auf­zubauen.
     
  • Wie schon 2009 bricht der Zuzug von Firmen-Headquarters ein. Das Geschäft mit Holdinggesellschaften geht zurück, weil eine schärfere Regulierung infolge des steuerpolitischen Drucks durch die EU, die OECD und die G-20 zu greifen beginnt. Da die Inhaberaktie abgeschafft wird, verschwinden Tausende von Aktiengesellschaften, die aus Gründen der Anonymität in der Schweiz angesiedelt worden sind. Als ­Unternehmensstandort hat die Schweiz gegenüber attraktiven EU-Ländern keinen Vorteil mehr. Sie kann mit den Subventionsangeboten innerhalb der EU nicht mehr mithalten.
     
  • Der Traum vom «Magneten Schweiz» platzt. Das Land wird seine starke globale Anziehungskraft auf die Ressourcen verlieren, die ihm soeben noch von Avenir Suisse attestiert wurde. (Der ­Wirtschafts-Think-Tank vergleicht die Schweiz in seiner Analyse mit der Bay Area in Kalifornien – als «Kraftzentrum der Weltwirtschaft».)
     
  • Die Sozialsysteme leiden, weil die demografischen Lücken nicht mehr durch Einwanderer gefüllt werden. Die Steuerzahler müssen Milliarden in die Sozialkassen nachschiessen.
     
  • Das Pro-Kopf-Wachstum der Wirtschaft, heute schon mit 0,9 Prozent deutlich unter jenem Deutschlands (1,3 Prozent) und Österreichs (1,7), sinkt im V­erhältnis zu den Nachbarn ­weiter. Die politische Diskussion verhärtet sich, die Verteilungskämpfe werden schärfer.

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